Während eines Kurses über Kunstgeschichte erfuhr ich über den Künstler Emil
Nolde. In einer, durch die Nazis inszenierten Ausstellung „Entarteter Kunst“, wurden Werke von ihm zur Schau
gestellt. Daraufhin wurden seine Bilder aus den staatlichen Galerien entfernt und es war ihm nicht erlaubt
weiterhin zu malen. Uns wurden die „verbotenen Bilder" gezeigt, die er damals heimlich malte, vor dem
Fenster seines Hauses in Seebüll sitzend, so dass er sehen konnte, wer den Weg entlangkam. Er malte mit
Wasserfarben, so dass er sich nicht durch den Geruch von Farbe selbst verriet. Seine Werke mussten klein sein
und er musste oftmals auf der Rückseite der anderen Bilder malen. Das war notwendig, weil sein Papier
reichen musste, da er nicht ertappt werden durfte, Kunstmaterialien zu erwerben.
Als ich mir diese
Bilder anschaute, mit ihrer außergewöhnlichen Verbindung von Struktur und Freizügigkeit und den prächtigen
satten Farben, brach etwas in mir auf. Ich wurde als Kind adoptiert und hatte dieses nur durch Zufall in meinen
frühen zwanziger Jahren, herausgefunden.
Mein Leben war von meinen Adoptiveltern für mich
geprägt worden. Ich sollte zur Universität gehen und dann als Lehrer in der Nähe meiner Eltern arbeiten, um
dadurch das tiefste Bestreben meines Vaters, Schulleiter zu werden, zu erfüllen.
Die Alchemie
zwischen dem geheimen Malerleben Emil Noldes und die emotionale Kraft der Farben verbunden mit
Erinnerungen an Verheimlichungen in meiner Familie, bewirkte seltsamerweise ein Aufbrechen einer harten
Schale um mich herum.
Und was mir offenbart wurde war eine tiefe Sehnsucht, meine eigene
Kreativität zu finden, und mich von dem Druck der Angst und Verschwiegenheiten zu befreien. Ich wusste in
irgendeiner Weise, dass ich Kunst in mein Leben nehmen musste. Ich fand mich den Tränen nahe und von
diesem Augenblick war ich berauscht von Farbe und Kunst und der Suche danach, selbst kreativ zu sein.