Annette Gordon
Ein Tag nachdem die Twin Towers zerstört worden war, kamen einige
meiner Freunde zu Besuch. Während eines gemeinsamen Abendessens begann ich, eine schwierige Situation
aus meinem eigenen Leben zu schildern. Ich war mit einer Frau befreundet, die meine Aufmerksamkeit sehr
in Anspruch nahm und mich völlig erschöpft hatte.
Irgendwann hatte ich dann versucht, die
Freundschaft zu beenden, weil ich mich unfähig fühlte, ihr das geben zu können, was sie wirklich brauchte.
Nachdem ich ausgesprochen hatte, begann mein Mann über das Geschilderte in einer kalten und
abgehobenen Weise zu sprechen. Es schien keinen Zusammenhang zu geben zwischen dem, was ich eben
erst berichtet hatte und seiner Reaktion darauf. Meine Freunde versuchten mich zu verstehen und sich in
meine Situation hineinzuversetzen.
Ich fühlte mich einerseits völlig unsichtbar und andererseits
wirklich verstanden und wahrgenommen. Zu dem Zeitpunkt war ich 16 Jahre verheiratet, und in diesem
Moment, wo meine Freunde mir mit Offenheit zuhörten, kam der Gedanke: „Das Leben kann wirklich so sein.
Es gibt Menschen, die mich verstehen können. Ich muss nicht immer das Gefühl haben, dass ich mich nicht
verständlich machen kann." Dieser Gedanke machte mir zum ersten Mal auch bewusst, wie einsam
meine Ehe war.
Ich bin so erstaunt, dass es nach 16 Jahren dieses Gespräch war, das mein ganzes
Leben verändert hat. Ich begann mit meinem Mann zu sprechen um zu versuchen ob wir uns nicht näher
kommen könnten. Ich schaffte es nicht, ihn dafür zu begeistern mir näher zu kommen. Weil ich es nicht mehr
schaffte, ohne Nähe zueinander zu leben, verließ er mich schließlich und ich war allein.
Ich verlor
meinen Mann und die Sicherheit unserer Ehe. Ich war verängstigt und manchmal sehr überfordert. Seitdem
bin ich näher zu den Menschen gezogen, die meine tiefsten Lebenswerte mit mir teilen und habe mein
Leben vom Grund her neu aufgebaut.
Ich bin jetzt alleinstehend und muss, als Folge meiner
gescheiterten Ehe, viele Dinge verarbeiten. Aber ich bin jetzt von Menschen umgeben, von denen ich mich
wahrhaftig erkannt fühle. Ich habe jetzt auch eine Arbeit, die ich wirklich liebe.
Wenn ich nun über
mein Leben zurückblicke, wird mir bewusst, wie ich meine Gefühle oftmals verdrängte, um zu überleben und
wie ich mich, in diesem Prozess, selbst verlor. Ich riskierte alles, um mehr Nähe mit meinem Mann erleben zu
können. Doch dadurch verlor ich ihn. Trotzdem fühle ich aber, dass ich mich selber wiedergefunden habe. In
diesem Sinne, obwohl ich mich manchmal noch sehr einsam fühle, ist es eine kreative Einsamkeit und ich
fühle mich wirklich lebendig.